Tag 09 Wittenberg Ferch / Schwielowsee (86km)

Veröffentlicht am 7. Juni 2021 um 20:37

Heute war Saunatag. Ich komme Berlin mit riesen Umdrehungen näher. Kiefernwälder dominieren. Bei den sommerlichen Temperaturen riecht es die ganze Zeit wie in der Sauna nach einem Aufguß. Wellness pur. 

Der Tag beginnt jedoch schweren Herzens mit dem Auszug aus meiner historischen Unterkunft, der Cranach Herberge. Nach einem kurzen Frühstück mit einem Eierbrötchen aus der Bäckerei, werden noch ein paar Fotos für Social Media von den Mädels vom Welterbe Marketing im Innenhof von Luthers Wohnhaus geschossen. Hat nicht schlecht gelebt, der Kollege. Vanessa gibt mir noch den Tip ihre alte Schule zu besuchen. Ein wunderbares Hundertwasser Gebäude in der Peripherie von Wittenberg. Ihr habt Euch echt ins Zeug gelegt  für mich!  Danke, Wittenberg wird mit in sehr guter Erinnerung bleiben.

 

Für mich waren die Berge erst mal gedanklich passe. Wollte nur noch bis Berlin rollen. Aber wie so oft, kommt es anders. Der Fläming wartet auf mich mit einem permanenten bergauf und bergab. Das ist anstrengend. Anscheinend hat es hier ein paar Flamen aus Brügge gefallen und sie sind dort seßhaft geworden. Daher der Name. Aber wie gesagt, sogar Sauna inklusive. 

Mit dem Verlassen von Sachsen Anhalt wandeln sich die Fahrradstrecken in Asphaltwege, weg von Schotter. Bestimmt auch gut, aber beides hat seinen Reiz. Gestern wurde mir in der Tat gesagt, dass mit Landesgrenze die Wege besser werden. Es rollt phantastisch. 

Es fällt auf, dass hier nun preußische Korrektheit Einzug hält. Jeder noch so kleine Abschnitt des Weges wird mit „Fahrradweg Anfang“ und „Fahrradweg Ende“ beschildert. Manchmal sogar auf grader Strecke mitten im Wald. Wen‘s interessiert. Aber es muss ja korrekt sein.

Der einsame Flug durch die Kiefernwälder mach Spaß. Ich treffe eine Solo Radreisende die steht und auf Vögel wartet. Sie ist bereits von Leipzig bis nach Teneriffa (mit Flug übers Meer)  geradelt und jetzt wieder zurück hier auf dem Weg nach Afrika. Ok? Ja, mit Umwegen, da Marokko noch keine Einreise zuläßt. Sie hat weniger Gepäck (für ein Jahr) dabei als ich. Sie möchte noch reiten unterwegs und hat auch noch Ihre Reitklamotten an Bord. Keine Ahnung, wie das geht. Es gibt auch viele Wölfe hier, sagt sie. Standen schon vor Ihrem Zelt, welches sie in der Regel irgendwo im Wald aufstellt. Krasse Leute gibts es... das wäre mir too much. Ich wünsche ihr alles Gute!

Ich muss mich sputen. Olaf vom Lokalsender WMW hat schon angerufen. Er möchte ein Interview aufnehmen, welches im Rahmen eines Features zum Thema „fit sein“ in der Sendung mit „Sonja“ gesendet werden soll. Wir verabreden uns für in fünf Minuten. Dann hat er seine Technik hochgefahren und ich einen Unterstand erreicht. Wir interviewen eine halbe Stunde. Mal sehen wann es gesendet wird. 

Medientag geht weiter. Treffen mit Rene auf der Burg Eisenhardt in Bad Belzig. Cool, morgen stehe ich mit einem Bericht in der Märkischen Allgemeinen.

Ein weiteres Highlight für mich steht auf dem Programm. Ein Lost Place. Die ehemaligen Heilkliniken Beelitz. Ein beliebter Spot für Fotografen und Liebhaber von Stätten längst vergangener Zeiten. Leider ist hier nichts LOST. Bauarbeiter rufen mich zurück und ich weiche in andere Teile der Heilanstalt aus. Was früher eine Klinik für Lungenkranke war (selbst Kollege Adolf war in seiner frühen Schaffenszeit hier untergebracht), danach Sanatorium für die russischen Besatzer, ist heute teils verfallen aber hauptsächlich Baustelle. Komplett videoüberwacht fühlt man sich hier ganz und gar nicht Lost. Rein kann man nicht, so müssen ein paar Außenaufnahmen reichen. 

Die letzten Kilometer zum Camping am Schwielowsee gehen schnell trotz der sehr welligen Topographie.

Auf dem Campingplatz gibt es nichts zu Essen. Aus diesem Grund sitze ich jetzt hier direkt am See in der Bootsklause. Tolle Aussicht, aber Bedienung und Essen fallen durch. Hier reicht das in mehreren 2 Gramm Tütchen gereichte Salz bei weitem nicht. Zum Glück schallen aus dem Innenraum permanent die Werke von Roger Whitaker. Ich frage mich, ob er noch lebt und warum die mies gelaunten Kellner davon keine gute Laune bekommen. Egal, ich schaue auf die Abendsonne über dem See. Ein weiterer toller Tag geht zu Ende.

P.S. Jetzt wo hier weniger los ist, singen die Kellner bei Roger mit und räumen schon mal auf.  Krasse Leute gibt es....Zeit zu gehen.

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