Tag 44 Zagreb Bosiljevo 98km

Veröffentlicht am 12. Juli 2021 um 20:16

Ein Tag in zwei Hälften. Bis Mittag raus aus dem Moloch Zagreb mit einem flauen Gefühl im Magen, dank des etwas späteren Abends gestern, schwül, bedeckter Himmel und flaches Land ohne sonderlich Sehenswertes. Nachmittags kommt alles Gute wieder zurück : Berge, Sonne, überwundene Katerstimmung. 

Zunächst muss ich zum ersten Mal mein Fahrrad abpacken. An der Save in Zagreb ist Schluß. Die geplante Fahrradbrücke über den Fluss wird gerade renoviert. Über die mehrspurige Straße ging es nur entgegen des massiven Verkehrs ohne Standspur. Die dritte Alternative wird es. Die Brücke mit der Schnellstraße hat eine schmale Fußgängerspur an einer Seite hinter einer Leitplanke. Da gehts aber nur mit einer steilen Treppe hoch. Also alles abpacken, dann hochquälen und oben wieder aufpacken. Das soll der R1 in Zagreb sein? Eine Stadt mit einem großen Fluß hat immer seinen Reiz. Hier geht der Fluß aber völlig an der Stadt vorbei und ist steril begradigt wie ein Abwasserkanal. 

In der Ebene nach Zagreb wird es ärmlich. Überall Metallschrott und ausgeschlachtete Autos in den Gärten. Es lohnt kein Stopp bis ins 60km entfernte Karlovac. Hier suche ich für den Mittagssnack vergeblich eine Bank im Schatten. Denn die Sonne knallt jetzt mittlerweile wieder. Ab hier beginnt aber die traumhafte Berglandschaft, die mich hoffentlich so bis Pula begleiten wird.

Schweißtreibend ja, aber mega erfrischend wenn es runter geht. Wenig Verkehr hier, ein brauner Volvo, der mich langsam überholt fällt mir auf. Kurze Zeit später steht ein Mann an der Straße und hält mich an und lädt mich zum Kaffee ein. Er ist ein Aussteiger und hat seine sündhaft teuere Wohnung in Amsterdam gegen ein Anwesen hier in den Bergen getauscht. Gemietet für 150€ pro Monat. Er baut gerade sein eigenes Haus etwas abseits in den Bergen. Er ist Niederländer und hat guten Kaffee. Das Leben in Amsterdam hat ihn genervt und baut hier alles neu auf. Er erzählt mir viel von nachhaltiger Lebensweise hier, dass er nicht mit Holz heizen möchte. Das neue Haus wird nach allen Gesichtspunkten einer ökologischen Bauweise erstellt. Nicht so einfach, denn die kroatischen Beamten Mühlen mahlen auch sehr langsam. Witziger Typ und tolle Geschichten. Er wollte letztes Jahr mit dem Fahrrad von Amsterdam nach hierhin auswandern. Aber leider konnte er es aufgrund Corona nicht umsetzten und musste mit dem Auto (dem Volvo) kommen. Er war ganz begeistert von meiner Tour und Fahrradausstattung und wünscht mir alles Gute für die Weiterreise. Man reist nie alleine.

Auch gestern Abend beim Fußball habe ich von ein paar polnischen Touristen das Geheimnis der vielen Skleps (also Einkaufsläden) in jedem noch so kleinen Dorf in Polen erfahren. Haupt Einnahmequelle ist der Verkauf von Bier. Die Polen trinken einfach viel, erzählt er mir. Seine Frau spricht ein paar Worte Deutsch. Ihr Lieblingswort ist „Süßigkeiten“. Das sieht man auch, sagt sie selbst. Man trifft echt wirklich die unterschiedlichsten Typen unterwegs, auch wenn einige Begegnungen zu flauem Gefühl am nächsten Morgen führen. Man muss ja nun mal auf dies oder das einen trinken. Oder einfach nur auf Freiheit und Leben. Das ist es wert.

 

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