Tag 13 Klobichsee Sulecin (PL) 104km

Veröffentlicht am 11. Juni 2021 um 21:34

Die Nacht im Zelt war etwas ungemütlich. Ich musste mich gestern mit einem beherzten Sprung  ins Schlafgemach begeben,  um möglichst wenig von den angesammelten Mücken ins Zelt zu lassen. Wo kommen die denn in der Anzahl her? 

Ich schlafe schnell ein, werde aber wach, als ich draußen Schritte höre. Ach nö, schon wieder der Typ, der Zigaretten sucht, denke ich. Nun höre ich das typische Summen. Die vielen Insekten haben es sich zwischen Innen- und Außenzelt gemütlich gemacht. Der Gedanke, dass es doch ein Blutsauger ins Zelt geschafft haben könnte, hält mich eine Weile wach. Dann gehts doch ab ins Träumeland.

Am nächsten Morgen, werde ich eines besseren belehrt. Nicht wegen der Mücken, aber aufgrund des Qualitätsstandard von Zeltplätzen. Irgendwann in den letzten Tagen habe ich zu jemanden gesagt, dass es gar keine schlimmen Campingplätze mehr gibt. Insbesondere die sanitären Anlagen haben in den letzten Jahren ordentlich zugelegt. Heute ist es aber wieder wie vor 30 Jahren. Inkl. schöner Krabbelkäfer am Boden. Für einen Euro hatte ich gestern 4 Minuten Duschwasser in Form einer Münze gekauft.  Die Zeit reicht in dem Ambiente. Die beiden lustigen Kerls von der Rezeption haben Geschäftssinn. 1€ Dusche, 1€ fürs Internet, das nicht funktioniert und 1€ für Strom zum Aufladen der Powerbank. Insgesamt war dies der teuerste aber auch schlechteste Camping bislang.

Freudig empfangen mich die beiden Kollegen mit „guten Morgen Graf Koks, hier sind Deine Schrippen. Sie verkaufen mir noch eine Flache Mineralwasser für 3€ (Einkaufspreis 0,19€ beim Discounter). Gibt ja keine Alternative, das wissen die beiden auch.

Ich verlasse den Camping mit Verabschiedung bei den Butter Ausleihern von gestern uns strample von Mücken gejagt den Berg hoch. Heute muss ich Meter machen, denn es sind über 100km zum geplanten Ziel in Polen. Also keine großartigen Pausen. Wer denkt : „100km, ha!“ möge sich bitte mit dem Gepäck und ohne Motorunterstützung auf den Weg machen. 

Leider bleibe ich mir nicht treu und halte an und mache Fotos. Störche in einem kleinen Dorf. Eine ältere Frau klärt mich auf, dass hier nun zwei Storch Familien wohnen. Eine kommt aus dem Nachbardorf. Dort sei das Nest zu dreckig gewesen und hier ist es auch viel schöner. Ich sage ihr „hier ist die Welt noch in Ordnung“. Damit geht sie zufrieden weiter. Und ich fahre weiter.

Sehr viel weiter, komme durch Dörfer wo nichts ist. Kein Laden, keine Kneipe, keine Leute. Ich frage mich, wo kaufen die ein. Vielleicht sind die 3€ für das Wasser gar nicht so abwegig. Einzige Einkaufsmöglichkeit nach 30 km ist eine Jet Tankstelle. Es gab ja heute morgen nur 2 von 3 trockenen Schrippen. Hier gibt es Nachschub. 

Ich komme zum Oderbruch. Nur Landschaft und ein paar Kilometer auf dem Oderdamm mit kräftig Rückenwind. Ich finde Dammfahren sehr schell eintönig. Da kommt zum Glück ein selbstgeschaffenes Highlight. Die ersten 1000km sind geschafft. Und das nahezu direkt in Küstrin an der Grenze zu Polen. Hier steht auch ein Schild zur B1. 778 km Kilometer von Aachen nach Küstrin. Die ehemaligen Reichsstraße 1, die bis nach Königsberg führt, ist um einiges wegoptimaler als der R1.

Die Grenzer interessiert weder meine Ankunft, noch irgendein Corona Dokument. Ich bin in Polen!

Das Sloty Ziehen am Geldautomat an der Grenze lasse ich sein, da mir dankenswerter Weise 13,95% Provision angezeigt werden. So reise ich erst mal ohne Bargeld weiter. 

Im ersten Dorf brauche ich Wasser. Der Sklep (=Kaufladen) akzeptiert nur Bares. Es ist schön, dass es hier noch nahezu in jedem Dorf diese Läden gibt (im Gegensatz zu den Dörfern bei uns) aber das hilft mir jetzt grad nicht. Irgendwann ist alles gut und ein Sklep akzeptiert meine Plastikkarte.

Je mehr man sich von der Oder entfernt, so welliger wird es auch. Die lieben Fliegen sind auch wieder da. Immer, wenn es hoch geht, schwirren die Dinger um meinen Kopf, in die Nase und Augen. Beim Gefälle bin ich wohl zu schnell. Die miesen Viecher sind weg. Spätestens beim nächsten Berg versuchen sie wieder meinen Schweiß abzulecken, oder was sonst die um meinem Kopf herum wollen. Ob es immer die gleichen Insekten waren, habe ich nicht herausgefunden. 

Die Wege hier führen über wenig befahrene aber gut asphaltierte Fahrwege. Verkehr gibt es leider auch. Wohlbehalten bin ich in Sulecin. 10.000 Einwohner aber kein Biergarten oder Restaurant. So muss der Sklep wieder herhalten. Ich setze mich auf dem Makrtplatz. Hier ist ordentlich was los, da die Leute hier mit Kanistern vorbeikommen, um sich an einem Tankwagen „Vodo di picia“ (Trinwasser) abzuzapfen. Ich frage mich, was mit dem Leitungswasser los ist…. Um 19 Uhr ist der Tank leer und es wird hier lauter, bei den Leuten, die immer noch mit leeren zu befüllenden Kanistern vorbeikommen. Neben mich geselltsich ein Einheimischer mit noch leerem Kanister. Er spricht mich auf polnischen an. Leider komme wir sprachlich nicht zueinander. Er bietet mit ein Wodka aus einer kleine Flasche an, die man im Supermarkt in der Quengelzone an der Kasse findet. Ich lehne ab. Ich möchte noch sehenden Auges wieder nach Hause kommen. Zeit zu gehen, denke ich und schau mit auf meinem Zimmer das Eröffnungsspiel der EM an. Es steht noch 0:0…. Der Tag war anstrengend und das 3:0 für Italien sehe ich erst am nächsten Tag.

 

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