Das wird die letzte Nacht in Polen sein, wenn nichts dazwischen kommt. Und heute bin ich in den Bergen angekommen, die es gut mit dem Harz oder dem Sauerland mithalten können. Endlich, das hat mir echt gefehlt. Vielleicht war es ganz gut, dass es nun doch nach Süden geht. Nach Norden wäre außer plattes Land nicht so viel gekommen. So bin ich nun im Eulengebierge an der Grenze zur Tschechei.
Hier zeigt sich nun der Nachteil des Fahrradreisenden. Leider zu spät lese ich auf Wikipedia über riesige Stollenanlagen, die zur Zeit des zweiten Weltkrieges hier im Gebirge errichtet wurden. Es ranken viele Gerüchte um das Projekt „Riese“, wie es in Adolfs Zeiten benannt wurde. Es wurde nie fertiggestellt und der tatsächliche Zweck ist nicht ganz klar. Sogar Hilters Goldzug wird hier vermutet, aber nie gefunden. Alles ist nicht erforscht, einiges touristisch zugänglich. Leider bin ich aber unwissend vorbeigefahren. Ich überlege schon wie ich einen Besuch noch hinbekommen könnte. Die Unterkunft für morgen ist jedoch schon gebucht. Vielleicht dort zwei Tage bleiben und ein Mietauto nehmen? Schauen wir mal. Meine Neugierde ist auf jeden Fall geweckt.
Ich dachte schon, ich wäre der einzige Radreisende in ganz Polen. Ich habe auf den fast 1500km im Land keinen einzigen gesehen. Bin ich der einzig Bekloppte auf der Welt aktuell, der mit dem Fahrrad in Polen unterwegs ist? Aber dann sehe ich in einiger Entfernung zwei Fahrräder mit neongelben Taschen auf den Gepäckträgern. Ein sicheres Zeichen für Radtouristen. Und in der Tat stellt sich heraus, als ich die beiden erreiche, dass es Vater und Sohn sind, die für eine paar Tage das Abenteuer wagen. In Breslau gestartet wollen sie auch in meine Richtung. Der Vater ist Neuling auf dem Gebiet und mit einem alten klapprigen Rad unterwegs. Sofort werden Fragen gestellt zur Reiseroute, zu meinem Equipment, insbesondere die Solarpanel auf der Powerbank. Schön, mal wieder Gleichgesinnte zu treffen. Da die Reisegeschwindigkeit leider nicht mit meiner kompatibel ist, fahre ich dann doch wieder alleine weiter. Was bleibt sind eine nette Bekanntschaft und ein Erinnerungsfoto. Und lieber Paul, mein Sohn, in 3-4 Jahren bis Du an der Reihe!
Was auffällt, neben dem deutlich in Ferne zu erkennenden Gebirgszug, ist die Landschaft, die schon einen gewissen mediterranen Anstich bekommt. Kein Wunder, ich bewege mich ja jetzt schon südlich auf gleicher Höhe wie Köln. Aber ich finde, dass alles landschaftlich reizvoller ist, wenn Berge ins Spiel kommen. Die Zeit vergeht wie im Fluge, denn entweder quält man sich hoch, oder rast herunter. Beides läßt nicht viel Spielraum, auf das runter zählende Navi zu schauen.
Ich muss nochmal eine Lanze brechen für die polnischen Autofahrer. Fast alle sind extrem rücksichtsvoll. Kommt man nur in die Nähe eines Zebrastreifens, so halten alle direkt an, obwohl noch genügend Zeit zum drüber fahren wäre. Hier zählt die Einrichtung der Streifen auf der Straße wirklich noch was, im Gegensatz zu den meisten anderen, insbesondere südlicheren, Ländern. Auch Überholen wird sehr vorsichtig angegangen, entgegen meiner Beobachtungen vor einigen Tagen auf Hautstraßen. Für Nebenstraße gilt : erst überholen, wenn wirklich, wirklich alles frei ist. Das ist schon manchmal nervig, über lange Zeit ein nicht überholendes Fahrzeug mit 20km/h hinter sich zu haben. Heute war es einmal gefühlt 5 Minuten lang. Dann traute sich der Kollege doch. Ich hatte einen Rentner am Steuer erwartet, aber es war ein Paketwagen von FedEx - Express. Hatte wohl nicht viel mit Express zu tun.
Heute bleibe ich mit 99km unter der hunderter Marke, genieße aber das Bad im Pool und Whirlpool im meinem Palac Bielawa, was soviel heißt wie Palast Bielawa. Das beschreibt es richtig gut. So kann ich namensgerecht bestimmt gleich gut in meinem Palastgemach im obersten Stockwerk nächtigen.
Kommentar hinzufügen
Kommentare
Meine Großmutter stammt aus dem Eulengebirge. Wir waren dort zum Wandern, eine reizvolle, einsame Gegend mit kleinen, langgezogenen Straßendörfern. Wir haben dort in Bielawa (Langenbielau) gewohnt.
And finally we found you again :) We are Grzegorz and Dominik from Poland, father and son on bikes which are part of this post (day 30). Was a great pleasure to meet you. We wish you all the best on your journey! I will put my post longer on your home page.